domingo, 4 de diciembre de 2011

DER RADFAHRER

Übersetzung/Traducción: Simone Reinhard

 Der Radfahrer

                                      Für alle Träumer                                                   
Für alle leidenschaftlichen Radfahrer



Den, der seine Augen durch das Morgengrauen schließt 
erwartet nur ein Traum  ein prachtvolles Licht 
ihn den Träumer den Seelenfänger   
Der in den wohltuenden Wahsinn taucht und sich radelnd daraus erhebt  
                                                                             auf seinem wunderschönen  
                                                                                                rotern Frahrrad
                                                                           
                                                                                     
             
Zugegeben
Ich bin nur eine mittelmäßige Radfahrerin
Fühle Beklemmung angesichts der Einsamkeit von Passanten
Im schrägen Morgenlicht
und in tausenden von Autos, die kaum den Asphalt berühren
 
Ach, mein altes rotes Fahrrad
erstanden an einem Sonntag im Mauerpark
Vor über fünfzehn Jahren hätte ich auf der einen
            oder der anderen Seite der Mauer entlang radeln können
und mein Traum träumte sich anders

Für meinen Berliner Stadtführer bin ich ein ständiges Ärgernis
Ungerührt wie ein Prinz radelt er voraus
                        auf seinem riesigen blauen Fahrrad thronend
            -blau wie die Augen meiner Großmutter-
Meine eigenartige Versponnenheit und meine Angst sind ihm fremd
Seine Sicherheit gründet auf vielen beharrlich geradelten Kilometern 

Heute auf dem Fahrrad
Erinnere ich mich an seine Augenfarbe
Seine ersten Schritte in den Irrsinn   Sein dauerhaftes Exil


Ich schließe die Augen wie damals als ich klein war
Lasse die Lenkstange los      Rase abwärts
Der Sturz ist immer Möglichkeit: lächerlich oder tödlich
Vielleicht macht mich eine gewisse Verrücktheit mütterlicherseits
            zum Menschen unter all den Leichen, die ich meiner Jugend gesammelt habe

Mein Zentrum: Die kleine Lu lacht mich aus
Sie weiß, ich habe Angst
Und freut sich jedes Mal unbändig wenn sie das Foto sieht
“Das ist doch ein Kinderfahrrad”, sagt sie

 
Und wir lachen zusammen
Und Berlin ist nicht mehr Berlin, nicht seine perfekten Fahrradwege
nicht seine zahllosen Museen zu Ehren des Todes
Jetzt ist es Lima und in Lima steigt man nicht so oft aufs Fahrrad,
weil es geklaut wird oder sie dich an irgendeiner Ecke überfahren
Und es gibt keine Museen zu Ehren der Leichen
            aus meiner Zeit mit zehn, fünfzehn, zwanzig Jahren
 

Doch dieses Gedicht schrieb ich für den, der noch träumt
Für den, der sorglos und ohne Papiere Grenzen überschreit.
Für den, der sich auflehnt gegen die Mörder in der Welt
 

Für den Radfahrer der mit jeder Umdrehung des Pedals ein Gedicht schreibt.


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